Tankflügel mit Sichtcarbon laminieren

Suzuki DR 650 Supermoto GPR Auspuff
Suzuki DR 650 Supermoto GPR Auspuff

In meinem Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten, Carbon an einem Motorrad zu verwenden, habe ich das Laminieren von Sichtcarbon schon erwähnt. In dieses Beitrag möchte ich die Gründe für die Verwendung von Sichtcarbon noch einmal anführen, einen Überblick der benötigten Materialien geben und dann am Beispiel der Tankflügel meiner Dr 650 erklären wie es sehr simpel geht.

Was ist Sichtcarbon überhaupt?

Sichtcarbon ist Carbon Gewebe, welches möglichst homogen gelegt wird. Es wird als die oberste, die sichtbare, Schicht verarbeitet, daher auch der Name Sichtcarbon. Vom Material her ist Sichtcarbon also nichts anderes als normales Carbon Gelege. Man kann Sichtcarbon als Abschlussschicht bei einem völlig aus Carbon gefertigtem Bauteil verwenden oder wie hier als einzelne Schicht. Wenn es als einzelne Schicht aufgetragen wird, ist das darunterliegende Teil logischerweise nicht aus Carbon.

Warum sollte man ein bestimmtes Teil mit Sichtcarbon versehen?

Da bei dieser Anwendung von Carbon das Originalteil zu 100% erhalten bleibt, ergibt sich keine Gewichtsersparnis. Das Gegenteil ist sogar der Fall, wenn man eine Lage Sichtcarbon aufträgt wird das entspechende Stück schwerer. Wenn man auf eine Gewichtsersprnis durch Carbon aus ist muss man das Bauteil komplett aus Carbon nachbauen, dann kann man von der Leichtigkeit der Carbonfaser profitieren. Der eigentlich einzige Grund, der für die Verwendung einer einzelnen Lage Sichtcarbon spricht, ist die Optik. Wenn man an bestimmten Stellen die originale Carbonoptik möchte, ist eine Folie einfach nicht gut genug. Man wird immer sehen, dass es kein echtes Carbon ist. Aber genau hier glänzt das Sichtcarbon – wortwörtlich. Mit der Verwendung von einer einzelnen Lage Sichtcarbon bekommt man die beste Carbonoptik, ohne ein ganzes Bauteil komplett aus Carbon fertigen zu müssen.

DR 650 Tankflügel Carbon

Was benötigt man alles?

Alles hier genannte, bis auf das Schleifpapier, die Waage und den Klarlack, gibt es hier als Set komplett.

Wie auch schon in meinem Beitrag über den Tubeless Umbau von Felgen werde ich kurz auf die benötigten Materialien eingehen und etwas dazu erklären. Das Sichtcarbongewebe ist selbsterklärend, damit möchte man das Werkstück überziehen. Hierbei gibt es drei Dinge zu beachten, die Art der Bindung die Größe der Matte und das Gewicht pro Quadratmeter. Die Art der Bidnung beschreibt, wie das Gewebe gelegt wurde. Im wesentlichen unterscheidet man zwischen Leinwand und Köper. Für jede Art von dreidimensionaler Arbeit benutzt man eine Matte mit Köperbindung. Die Leinwandbindung eignet sich eigentlich nur bei komplett ebenen Werkstücken. Die Größe ist das Einfachere von beiden, man misst vorher die Bauteile aus, rechnet noch mit 15-25% Überstand in alle Richtungen, um auf der sicheren Seite zu sein, und dann wählt man die Größe der Matte entsprechend. Ich persönlich kaufe für etwas wie zwei Tankflügel oder zwei Nummerntafeln meistens zwischen 1qm und 1,5qm. Dann bleibt noch die Wahl der Masse pro Quadratmeter, hier kann man pauschal sagen, dass die Matte steifer wird, je größer die Masse, und flexibler je kleiner die Masse. „Also nehme ich das leichteste, was ich bekommen kann“ – Denkt man erstmal. Das ist aber für das Laminieren einer einzelnen Lage Sichtcarbon eher schlecht geeignet, da es bei einer kleineren Masse/Qm auch dünner und durchsichtiger wird. Sprich es kann evtl. vorkommen, dass man im Nachhinein etwas vom Originalteil durch die Lage Sichtcarbon durchsieht. Ich persönlich wähle eine Matte um die 200g/qm, damit ist man in der Mitte zwischen zu steif und zu durchsichtig. Alles von 180-220g/qm sollte aber auch noch problemlos verwendbar sein.

Bei der Wahl von Harz und Härter kann man auch wieder viel falsch machen, aber eigentlich ist es viel weniger kompliziert als es scheint. Zuerst ist es wichtig, dass das Harz auch für die Verwendung mit Carbon gedacht ist. Dann ist eine gewisse UV und Hitzebeständigkeit, für allem bei der Verwendung auf Motorradteilen, zu empfehlen. Den Härter sollte man immer vom gleichen Hersteller kaufen, für ein bestimmtes Harz gibt es häufig verschiedene Härter zur Auswahl. Diese unterscheiden sich in der Regel nur in der Aushärtedauer. Diese kann von 15min bis 2h reichen. Ich habe mit einer Aushärtedauer von ungefähr 1h gute Erfahrungen gemacht. Wenn du dir darüber keine Gedanken machen willst, oben ist eine gute Harz-Härter Kombination verlinkt.

Das Schleifpapier ist wieder recht selbsterklärend. Ich benutze einen Handschleifblock und Nassschleifpapier von 200-800er Körnung. Die Mischbecher und Rührstäbe gehören unweigerlich dazu, irgendwo muss man das Harz mit dem Härter vermengen. An diesem Punkt kommt auch die Waage ins Spiel, mit ihr sorgt man für eine präzise Dosierung der beiden Komponenten. Zu guter Letzt benötigt man Klarlack um das Ergebnis zu versiegeln. Das Harz bildet zwar eine schöne Oberfläche, ist aber gegen äußere Einflüsse eher schlecht gewappnet. Bei dem Klarlack hat man die Wahl zwische mattem oder glänzendem Lack. Ich benutze sehr gerne einen zweikomponenten Klarlack aus der Dose. Das ist ein guter Kompromiss zwischen der Einfachheit einer Dosenlackierung und dem Ergebnis und der Haltbarkeit einer Lackierung aus der Sprühpistole. Wenn man die Möglichkeit hat, die Teile mit der Pistole zu lackieren, sollte man das auf jeden Fall machen. Wenn aber nicht, ist der zweikomponenten Klarlack die beste Alternative.

Wie laminiere ich ein Bauteil?

Wie auch beim Lackieren, ist die Vorbereitung bei der Arbeit mit Carbon extrem wichtig. Als erstes demontiert man das Teil, welches mit Carbon überzoge werden soll, und reinigt es gründlich. Danach schleift man das Werkstück mit 400er Schleifpapier. Das Finish ist hierbei völlig unwichtig, es geht nur darum die Oberfläche anzurauhen. Falls das Originalteil nicht schwarz Gefärbt oder Lackiert ist, ist es eine Überlegung wert, noch eine Schicht schwarzen Lack aufzutragen. Eigentlich ist die Grundfarbe des Teiles egal, aber wenn man beim Lagen der Carbonmatte die Fasern zu viel verschiebt kann es vorkommen, dass die Originalfarbe durchscheint. Um das zu vermeiden kann man, wie gesagt, eine Schicht schwarzen Lack sprühen. Wenn lackiert wird, nicht vergessen nochmal zu schleifen.

Wenn das Werkstück vorbereitet wurde, schneidet man ein entsprechend großes Stück der Carbonmatte ab. Ich messe dazu grob die Fläche des Teiles aus und rechne 15-20% extra, um genug für Ecken und Kanten zu haben, aber auch um bei Fehlern beim Auflegen nicht gleich aufgeschmissen zu sein. Danach fixiert man das Bauteil so, dass man problemlos aus allen Richtungen Zugang hat. Ich arbeite hier mit Sprühdosen, ich lege das Teil einfach darauf. Wem das nicht genügt, der kann das Teil mit Heißkleber an den Sprühdosen festkleben, oder sich eine eigene Vorrichtung bauen.

Der nächste Schritt ist das Mischen des Harzes. Dabei ist es sehr wichtig das vorgeschiebene Mischungsverhältnis von Harz zu Härter einzuhalten. Die Waage ist dafür bestens geeignet. Zuerst gibt man das Harz in den Mischbecher und dann das Harz. Um festzustellen wie viel Harz man benötigt, kann man es entweder akribisch ausrechnen oder grob abschätzen. Wenn man es ausrechnen möchte, findet man auf der Seite des Verkäufers/Herstellers das Carbongewebes einen Vermerk, wieviel Harz pro Qm benötigt wird. Im Falle meines 200 g/qm Gewebes wären das 240 g/qm Harz. Bei der Größe an Bauteil, mit dem ich hier arbeite, ergeben sich ungefähr 60-70g Harz für eine Lage. Wenn man das weiß ist das Abschätzen allerdings auch nicht sonderlich schwer, in diesem Fall würde ich einfach ungefähr 50g mischen und wenn es nicht genug ist nachmischen. Wenn man das Harz und den Härter abwiegt und mischt sollte man noch bedenken, dass die Endmenge aus der Mischung von beiden Komponenten entsteht. Bei 60g gemischtem Harz bedeutet das man benötigt 40g reines Harz und 20g Härter, wenn das Mischverhältnis 2:1 ist. Mit einem Rührstab vermischt man Harz und Härter etwa 1-2 min, damit sich ein homogenes Gemisch ergibt.

Als nächstes schnappt man sich einen Pinsel und fängt an das Harz auf das Werkstück aufzutragen. Die erste Schicht Harz wird direkt auf das Teil gepinselt, das Carbongewebe wird noch nicht aufgelegt. Nach einiger Zeit wird das Harz klebriger, sobald es so klebrig ist, dass es nicht mehr fließt und nicht am Finger kleben bleibt, legt man die Carbonmatte auf. Beim Auflegen sollte man darauf achten, dass die Matte so glatt wie möglich aufgebracht wird, so muss man weniger Luftbläschen oder Falten entfernen. Man drückt die Matte vorsichtig in alle Ecken und drapiert sie so wie man es möchte. Wie viel Druck man ausüben kann, bis sich die Fasern verschieben, merkt man sehr schnell. Sobald man mit der Positionierung der Matte zufrieden ist, mischt man eine weitere Ladung Harz an und pinselt diese auf das Bauteil. Dabei sollte man darauf achten, die Matte nicht zu verschieben. Wenn man nach diesem Schritt schon eine geschlossene Oberfläche aus Harz hat, also nirgends Carbonfasern blank liegen, lässt man das Ganze 24h trocknen. Wenn nicht trägt man im Stundenabstand mehr Harz auf, bis man mit der Oberfläche zufrieden ist.

Nach dem Trocknen schleift man das Teil mit 800er Nassschleifpapier. Beim Schleifen des Harzes muss man aufpassen, dass man nicht zu viel auf einmal schleift, sonst greift man die Carbonfasern an und das sieht hinterher nicht sonderlich gut aus. Durch die Beschaffenheit der Carbonmatte hat die Oberfläche hohe und tiefe Stellen. Wen das nicht stört der kann direkt Klarlack auftragen und ist fertig. Wenn man diese Unebenheiten aber beseitigen möchte, trägt man eine weitere Schicht Harz auf, lässt diese trocknen und schleift wieder. Das wiederholt man solange bis man mit dem Ergebnis zufrieden ist. Auch hier trägt man dann den Klarlack auf. Diesen lässt man mindestens 24h aushärten und dann ist das Teil fertig!

Ich hoffe der Beitrag ist verständlich und Ihr seid dann auch in der Lage euer Motorrad oder Auto so zu veredeln. Für den ersten Versuch wäre es empfehlenswert sich ein Übungsstück zu besorgen und nicht gleich an den echten Teilen zu arbeiten. In diesem Sinne viel Spaß 🙂

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4 Comments

  • Guten Tag,

    Ist es möglich die Interieurleisten meines Bmw M3 E92 in matten Strukturcarbon zu laminieren?

    Falls ja, was kostet es?

    Mit freundlichen Grüßen

    Michel Hündür

    • Hallo Michael,
      vielen Dank für deinen Kommentar. Das wäre sicher möglich. Dabei solltest du vor allem auf die Spalt- und Anschlussmaße achten. Durch den Materialauftrag können bei solchen Leisten Probleme mit der Passform entstehen. Was die Kosten betrifft, hängen diese stark von der Größe der Teile und entsprechend der nötigen Materialmenge ab. Ich denke alles in allem wirst du zwischen 100 und 200€ ausgeben müssen.
      Mit freundlichen Grüßen
      Tobias

  • Hier gibt´s aber einige Fehler…
    1.) ist der Untergrund nicht schwarz, dann färbt man den Kleber (Base Coat) schwarz ein
    2.) für Sichtcarbon nimmt man kein 200g, sondern 245g Gewebe
    3.) nach dem aufkleben und der ersten Koppelschicht Harz, legt man ein Abreißgewebe auf
    4.) presst man das Gewebe anschließend im Vakuum, dann muss auf das Abreißgewebe noch Saugfließ
    5.) nach dem Entfernen des Abreißgewebes ist kein Anschleifen mehr nötig
    6.) um eine glatte Oberfläche zu bekommen, trägt man nicht jede Schicht Harz einzeln auf, lässt diese aushärten und schleift sie dann für die nächste wieder an – man arbeitet mit mindestens 3 Schichten Harz im nass-in-nass-Verfahren
    7.) zum Schluss muss alles eben geschliffen werden bis P220
    8.) abschließend kommen 2 Schichten Top Coat auf das Bauteil
    9.) Carbonteile müssen IMMER getempert werden – so schreibt es auch jeder Harzhersteller vor!

    Sorry, aber nach deiner Anleitung wird man weder gute, noch haltbare Carbonteile bekommen

    • Hallo Ingo,
      vielen Dank für deinen Kommentar. Letztlich schildere ich hier auf meinem Blog lediglich meine Erfahrungen. Dass ich dabei nicht immer das beste Vorgehen gewählt habe oder eventuell nicht einsetzen konnte, kann durchaus vorkommen. Deshalb freue ich mich auch sehr über solche Kommentare. So kann ich und auch die Leser noch etwas dazulernen.

      Mit freundlichen Grüßen
      Tobias

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